Marea Socialista, 24. Januar 2019

Der von den USA und ihren internationalen Verbündeten betriebene Putschversuch von Juan Guaidó ist zurückzuweisen. Die Regierungen der USA und Brasiliens im Verbund mit den Regierungen der starken Länder der EU wollen mit die alten Eliten zurück an die Macht bringen. Das heißt jedoch nicht, dass wir das autoritäre Regime von Maduro verteidigen. Im Gegenteil, wir stellen uns auf die Seite jener Kräfte in Venezula, die unter widrigsten Bedingungen sich der brutalen Repression des Regimes entgegenstellen und zugleich jede äußere Einmischung ablehnen. Deshalb dokumentieren wir eine Stellungnahme der Organisation Marea Socialista (Sozialistische Flut) vom 24. Januar 2019, die ursprünglich das Projekt von Hugo Chavez kritisch begleitete, sich nun für eine unabhängige Bewegung der Lohnabhängigen und Armen in der Stadt und auf dem Land einsetzt. Nur das souveräne und mobilisierte Volk kann sein Schicksal mit einem Referendum und allgemeinen Wahlen entscheiden. Wir übernehmen die Übersetzung von Marx 21 vom 25. Januar 2017. (Red. Aufbruch)

Indem das Volk auf die Straße geht, unter Beteiligung aller sozialen Schichten, und auch in den marginalisierten Vierteln protestiert, zeigt es, dass es die Regierung Maduros nicht mehr unterstützt. Die Leute sind nicht mehr bereit, die Politik zu ertragen, die ihnen Hunger und die Abschaffung der Arbeitsrechte bringt, sowie die tatsächliche Zerstörung des Rechts auf Gesundheitsversorgung, da die Medizin fehlt, die Verschlechterung der öffentlichen Dienste, extreme Korruption und alltägliche Unterdrückung.

Dies erklärt, weshalb so große Teile der Bevölkerung dem Ruf Guaidós – dem selbsterklärten Präsidenten – gefolgt sind, zu mobilisieren und an Protestmärschen teilzunehmen. Nicht, weil sie bereit sind, einen jeden anzuerkennen, der die Macht an sich reißen will, sondern nur, weil große Teile unseres Volks seit geraumer Zeit genug haben und den Zustand nicht länger aushalten. Das schließt diejenigen ein, die im öffentlichen Dienst arbeiten, schweigen und zu den Demonstrationen der Regierung gehen, um Strafen zu vermeiden, die sie in ihrer Arbeit beeinträchtigen, ihre Rechte bei der Essensverteilung einschränken oder das Recht auf ihre Häuser, die sie über die Misión Vivienda erhalten, gefährden können (Misión Vivienda ist ein von der Regierung Venezuelas eingerichteter Wohnungsbauplan, der Menschen beim Erwerb des Eigenheims unterstützt. Der Übersetzer) Auch aus den Reihen des Chavismus hört man von Ermüdung und großer Verärgerung; nach und nach verliert man die Angst.

Maduro und das Kapital

Die Arbeiter und das Volk haben es nicht geschafft, eine eigene und unabhängige Alternative zu bieten, die ihre wirklichen Interessen und Ängste widerspiegelt, so dass sie zwischen der Bürokratie und dem Kapital gefangen waren. Das Ergebnis ist, dass sich die Polarisierung zwischen den Politikern einer korrupten Regierung, welche die ganze Macht besitzt, und Abgeordneten von Parteien der großen Unternehmen, welche die Arbeiter ausbeuten, zeigt.

Denn die Arbeitgeber, die die Oppositionsparteien der traditionellen Rechten finanzieren und fördern, profitieren zugleich von der Regierung von Nicolás Maduro, PSUV (Partido Socialista Unido de Venezuala, Vereinigte Sozialistische Partei von Venezuela, der Übersetzer) und des Militärs und zahlen auch die von ihr aufgelegten kläglichen Gehälter. Und sie haben keinen anderen wirtschaftlichen Vorschlag, als die Krise weiter auf die Menschen abzuwälzen, während sie ihre Gewinne und ihre Unternehmen sichern.

Sie wollen sich mittels der Nationalversammlung selbst als neue Regierung aufstellen und die Kräfte des Volkes zu ihren Gunsten nutzen, denn wir haben keine eigenen starken Organisationen, die den Kampf gegen die schändliche Regierung von Nicolás Maduro führen. Doch die Nationalversammlung und die USA sind nicht diejenigen, die dem venezolanischen Volk Regierungen aufzwingen dürfen. Maduro ebensowenig. Sie alle sind Usurpatoren und beanspruchen die Kontrolle über den Staat, um das Volk zu unterwerfen und auszubeuten.

Weder Guaidó noch Maduro

Unsere Gewerkschaften und Organisationen der Zivilgesellschaft sind weitgehend zerstört, korrumpiert oder dem Staatsapparat untergeordnet, und ein anderer Teil hat seine politische Unabhängigkeit zugunsten der Führer der reichen Klasse, die uns ausbeutet, abgetreten. Deshalb endet die autoritäre Regierung Maduros nicht und mündet jetzt vielleicht in die Putschregierung von Guaidó (von der Voluntad Popular, zu deutsch: Partei des Volkswillens, der Übersetzer), unterstützt von den Vereinigten Staaten, die für ihre eigenen Interessen eintreten, welche im Gegensatz zur venezolanischen Nation stehen.

Wir laufen jetzt Gefahr, dass die Konfrontation zwischen zwei parallelen Regierungen, die beide illegitim sind, wobei eine von ihnen von den Vereinigten Staaten unterstützt wird, zu einem Bürgerkrieg oder direkteren Formen der imperialistischen Intervention der Regierung Trump führen könnte. Wir müssen auch davor warnen, dass die Regierung der Bürokratie bei jedem Versuch der Rechten die Gelegenheit nutzt, eine Welle der Unterdrückung auszulösen, um das Volk weiter zu unterwerfen und alle Proteste zum Schweigen zu bringen.

Eigene Agenda des Volks und der Arbeiterklasse

Angesichts all dessen fordert Marea Socialista, dass wir weiterhin gegen die repressive Regierung mobilisieren und protestieren, aber das Volk und die Arbeiterklasse müssen sich mit einer eigenen Agenda und nicht hinter den rechten Parlamentariern oder der PSUV-Bürokratie bewegen, noch können wir Auflagen von außen akzeptieren.

Marea Socialista appelliert an alle von uns, die die Notwendigkeit verstehen, eine eigene Kampforganisation aufzubauen, eine neue politische Basis für unsere Klasse und die verschiedenen Sektoren des leidenden Volkes zu schaffen, die unsere eigenen Interessen und Rechte durchsetzen kann.

  • Die Leute wollen Maduro nicht, und niemand hat Guaidó gewählt.
  • Referendum, das das Volk zur Relegitimierung aller Befugnisse konsultiert (Art. 71 der Bolivarischen Verfassung).
  • Erneuerung der Nationalen Wahlrats (CNE), damit er seine Unabhängigkeit wiedererlangt und zu allgemeinen Wahlen aufruft.
  • Für einen Nothilfeplan zugunsten der Arbeiter und der Menschen, um die Krise zu bewältigen, Löhne wiederzuerhalten und Zugang zu Nahrung zu haben.
  • Nein zur Aufgabe der Souveränität.
  • Nein zum Interventionismus und zur Einmischung durch die USA und die Lima-Gruppe.
  • Lasst uns weiter für unsere Lebensbedingungen kämpfen: Gehälter, Arbeitsrechte, öffentliche Dienstleistungen, demokratische Rechte.
  • Weder Putsch noch Verhandlungen hinter dem Rücken des Volks.
  • Politische Autonomie der Arbeitnehmer und des öffentlichen Sektors.
  • Lasst uns nicht mehr den Politikern der herrschenden Bürokratie oder den Politikern der Kapitalisten folgen.
  • Weder Bürokratie noch Kapital!
  • Sie sollen alle gehen.
  • Das mobilisierte Volk soll seine Souveränität ausüben.
  • Nein zur Unterdrückung: Freilassung von Gefangenen, Achtung der Menschenrechte.
  • Für eine Regierung der Arbeiter und des Volkes, nicht der traditionellen Bourgeoisie oder der »rosaroten«.

Erschienen auf Marea Socialista am 24. Januar 2019.

Übersetzung: K. Billor

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