Unsere Gesellschaften sind nicht in der Lage mit zwei großen Krisen umzugehen, die beide sehr grundsätzliche Fragen aufwerfen.

Fast alle Regierungen in Europa, ganz besonders auch die österreichische, akzeptieren in der Pandemie den Tod von Tausenden von Menschen. Die Regierungen dämmen die Ausbreitung des SARS-CoV-2 Virus nur soweit ein, dass die Beschäftigten in den Krankenhäusern unter der Belastung nicht vollends zusammenkrachen. Damit planen sie bewusst den Tod vieler Menschen in ihren politischen Kalkülen ein. Anstatt wirksam gegen die Ausbreitung des Virus vorzugehen und beispielsweise auch die Ansteckungsgefahr an den Arbeitsplätzen in den Betrieben mit einfachen Maßnahmen und einer kurzzeitigen Schließung zu verhindern, handeln sie nur punktuell, bisweilen widersprüchlich und setzen einseitig auf die Impfkampagnen, die aber ungenügend verlaufen. Bereits zum vierten Mal wiederholen sie die verhängnisvolle Sequenz: zunächst wegschauen, dann verharmlosen, überstürzt handeln und schließlich Zuflucht in autoritären Maßnahmen suchen. Damit sind sie mitschuldig am Aufstieg menschenfeindlicher reaktionärer Strömungen in der Gesellschaft. Die neue Omikron-Variante verbreitet sich rasend schnell. Bereits in den nächsten Wochen wird sie auch in Österreich das Infektionsgeschehen prägen. Da sie sich noch schneller verbreitet als die bisherigen Varianten, besteht die große Gefahr, dass viele Menschen gleichzeitig erkranken und damit gewisse Infrastrukturen nicht mehr ordentlich unterhalten werden können. Ganz besonders gilt das für das Gesundheitswesen.

Die Klimakonferenz in Glasgow endete mit einer Bankrotterklärung der Herrschenden. Die Regierungen bekennen sich zwar zum Ziel, die Erwärmung auf 1,5° Celsius zu begrenzen. Es soll ein langsamer Ausstieg aus der Kohle eingeleitet werden. Die Treibhausgasemissionen sollen noch in diesem Jahrzehnt um 45 Prozent sinken. Die Regierungen sollen ihre Verpflichtungen zur Emissionssenkung nachbessern und jährlich berichten. Doch all das bleibt letztlich sehr allgemein und unverbindlich. Es kostet niemanden etwas, Ziele in die Welt hinauszuposaunen. Die Rhetorik für „Netto-Null“ im Jahre 2050 offenbart, dass die Regierungen auf einen technologischen Fix setzen. Das ist unrealistisch und mit enormen Risiken behaftet. Netto-Null entwickelt Rechtfertigungen für Konzerne und ihre Regierungen, ihren bisherigen Kurs weiterzuverfolgen. Realistisch betrachtet: Die COP26 ist eine weitere Demonstration der Regierungen, dass sie die Erde bewusst auf einem Erhitzungspfad halten und der Weltgesellschaft, vor allem den armen Menschen, die bitteren Konsequenzen aufbürden.

Diese beiden Krisen zeigen, dass die kapitalistische Gesellschaft einen zerstörerischen Stoffwechsel mit der Natur betreibt. Die Erderhitzung ist noch eine unermesslich größere Herausforderung als die Pandemie. Und hier zeigen die Regierungen und die großen Konzerne noch weniger Willen, den anrollenden Katastrophen wirksam entgegenzuwirken. Im Gegenteil, die Verfeuerung von Kohle steigt weltweit auf Rekordwerte. Der Flug- und der Autoverkehr werden weiterhin staatlich subventioniert und unterstützt. Die Regierung von Wien reiht sich mit ihrem Straßenbauprojekt in der Lobau bruchlos in diese Zerstörungspolitik ein.

Diese Krisen zeigen aber auch, dass wir mit den Zwängen der kapitalistischen Wirtschaft konsequent brechen und uns auf die Suche nach radikalen ökosozialistischen Alternative machen müssen.

Wir nehmen die Feiertage und die hoffentlich ruhige Zeit zum Anlass auf einige Texte zur Pandemie und zur Erderhitzung hinzuweisen.

Zeller, Christian (2021): Corona: Die Pandemie ist außer Kontrolle. marx21. 3. Dezember 2021. https://www.marx21.de/die-pandemie-ist-ausser-kontrolle

Reimann, Jakob und Zeller, Christian (2021): »Nicht nur absurd, sondern verbrecherisch« UN-Klimakonferenzen gehören zum imperialistischen Weltsystem dazu wie WTO, G20 oder G7. Ein Gespräch mit Christian Zeller. Junge Welt, 18. November 2021, S 3. https://www.jungewelt.de/artikel/414749.cop-26-nicht-nur-absurd-sondern-verbrecherisch.html

Zeller, Christian (2021): Ökosozialistische Strategien im Anthropozän. Einleitung in die Artikelreihe. Die Freiheitsliebe. 17. Oktober 2021. https://diefreiheitsliebe.de/politik/oekosozialistische-strategien-im-anthropozaen/

Bei dieser Gelegenheit weisen wir auch auf diese beiden Bücher zu denselben Themen hin:

Christian Zeller (2020): Revolution für das Klima. Warum wir eine ökosozialistische Alternative brauchen. Oekom Verlag, München, 248 S.

Verena Kreilinger / Winfried Wolf / Christian Zeller (2020): Corona, Krise, Kapital. Plädoyer für eine solidarische Alternative in den Zeiten der Pandemie. Papyrossa Verlag, Köln, 277 S.

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